Ueber Wechselbeziehungen der Informations- und Kulturpolitik in der Region
L.W. Astachowa
Russland, die Stadt Tschelabinsk, die Sueduraler Staatliche Universitaet
In den letzten Jahren schenken oertliche Machtorgane der Information und den Informationsprozessen besonders grosse Aufmerksamkeit. Oertliche Bibliotheks- und Dokumentenpflichtexemplargesetze, die in einigen Regionen beschlossen wurden, sowie eine Reihe von anderen Normativ- und Rechtsverordnungen foerdern die Informationsentwicklung. Die genannten Normativ- und Rechtsverordnungen sind wichtig, sie haben trotzdem einen fragmentarischen Charakter und bilden kein einheitliches System, weil die meisten Regionen ueber keine wissenschaftlich begruendete regionale Informationspolitik verfuegen. Ihre Informationsentwicklung wird haeufig auf einen Beschluss ueber die Informationsauffassung der Region eingeschraenkt, so paradox dies unter den Umstaenden der Informationsrevolution auch scheinen mag. Die wichtigsten Entwicklungstendenzen in der Welt und in unserem Lande fordern aber die Informationsentwicklung der Regionen in einem weiteren humanistischen Sinne.
Die Menschheit steht an der Schwelle des Informationszeitalters und die Informationswelt wird zur Art des kulturellen Seins der Persoenlichkeit bzw. der Gesellschaft. Heute ist die Information keine Hilfsressource von frueher, die der Gesellschaft von den Fachinformationseinrichtungen (Bibliotheken, Informationszentren) zur Verfuegung gestellt werden musste. Heute ist die Information neben den materiellen, finanziellen und Kader-Ressourcen die wichtigste wirtschaftliche Ressource. Heute sprechen wir von einem neuen Prinzip der Informationsproduktion, und zwar von der Informationssteuerung. Das neue Begriffssystem (die Informationszivilisation, die Informationsrevolution, die Informationsressourcen, die Informationsnetze, die Informationswaffe, die Informationssicherheit, das Informationsrecht, das Informationsmanagement) findet auch in unserem Lande immer mehr Anwendung, nachdem es das oeffentliche Bewusstsein in den entwickelten westlichen Staaten rasch bewaeltigt hat. Das bezieht sich leider nicht auf alle Regionen Russlands.
1998 hat die Stadtduma von Tschelabinsk die "Konzeption ueber die sozialkulturelle Politik der Stadt Tschelabinsk" beschlossen. Darin wird unter anderem vermerkt, dass der Kommunikationsraum der Stadt unzureichend entwickelt ist, dass die Bedeutung der Massenmedien verstaerkt werden muss, dass die Segmentation des Informationsraumes der Stadt und die Spezialisierung der Massenmedien sowie ihrer Benutzer deutlicher sein muessen; es wird darin darauf hingewiesen, dass "die intensiveren internationalen und interregionalen Kontakte, das Benutzen von Elektronik- und Informationssysteme der Welt immer wieder neue Moeglichkeiten fuer interkulturelle Kommunikation schaffen", dass sie "das Problem der Kulturwahl und der kulturellen Selbstbestimmung scharf machen". Bei der Bestimmung der Prioritaeten in der kulturellen Entwicklung der Stadt werden aber folgende Umstaende, die mit der Informationsentwicklung der Stadt verbunden sind, ausser acht gelassen:
- gerade der Weltinformationsraum ist eine Kulturwelt des zivilisierten Menschen von heute, die sein Denken und seine Taetigkeit gewissermassen standardisiert,
- dass der Mensch in diesem Raum existieren darf und kann, ist die Norm der gegenwaertigen Zivilisationskultur, deren Aneignung in der Region beim Sozialisierungsprozess noetig ist,
- die gegenwaertige sozialkulturelle Situation wird dadurch gekennzeichnet, dass sie die Hauptrollen, die fuehrenden Rollen im Weltevolutionsspektakel zwischen den Kenntnissen und der Information verteilt,
- die sozialkulturelle Taetigkeit muss in der Region als Voraussetzung fuer Aufbewahren der gespeicherten Informationsressourcen, fuer Bildung und Entwicklung des regionalen Informationsraumes sowie fuer Veraenderung der sozialkulturellen Situation der Region durch die Einbuergerung der hohen sozialen Rolle und des sozialen Status der Information und der Informationswerte in das oeffentliche regionale Bewusstsein dienen,
- regionale Kulturpolitik, wenn sie regionale Entwicklung zum Ziel hat, kann dieses Ziel nicht erreichen, ohne den neuen kommenden Typ der Kultur, der Kultur des dritten Millenniums zu bestimmen, ohne seine Hauptmerkmale sowie die kuenstlich einfuehrenden neuen kulturellen Normen und Werte zu charakterisieren.
Es ist offensichtlich, dass die Entwicklung der einheitlichen regionalen Informationspolitik notwendig ist, die die Prioritaetsrichtungen der Informationsentwicklung der Region bestimmen soll: Fernmeldeanlagen und Fernmeldesysteme (insbesondere Fernsehkommunikationssysteme) in der Region zu entwickeln; regionale Verwaltungsorgane (die Verwaltung, die Regierung, die gesetzgebende Gewalt, die Gerichtsorgane) zu informieren; die Institutionen, Einrichtungen, Organisationen und kommerzielle Strukturen finanziell und rechtlich zu unterstuetzen; die Forschungen und wissenschaftlich-technologische Ausarbeitungen durchzufuehren; neue Informationsprodukte einzufuehren, konkurrenzfaehige Hard- und Software, regionale Informationsnetze zu schaffen und in der Region zu benutzen; das Ausbildungssystem von Informationsspezialisten hoechster Qualifikation und Informationsausbildung von Spezialisten anderer Betaetigungbereiche zu gestalten und zu unterstuetzen; Informationsrecherchesysteme zu schaffen, die verschiedenartige berufliche Informationsbeduerfnisse des Individuums als auch persoenliche Lebensbeduerfnisse befriedigen koennen; eine wichtige soziale Rolle der Information und der Informationsprozesse fuer menschliche Taetigkeit und fuer regionale Produktionsvorgaenge ins oeffentliche Bewusstsein einzupraegen usw.
Als eine alternative und besonders zweckmaessige Loesung des Problems der Gestaltung der Informationskultur der Persoenlichkeit in der Region kann die Erarbeitung der einheitlichen regionalen Informationskulturpolitik gelten, die die fest verbundenen Aufgaben der Entwicklung der Kultur und der Information sowie die Aufgaben der Gestaltung des einheitlichen regionalen informationskulturellen Raumes umfasst.
Eine besondere Stelle soll in dieser Politik die Informationsausbildung von Spezialisten der Region einnehmen. Verwaltungsbereiche, Bereiche des Klein- und Mittelbusiness usw. brauchen heute qualifizierte Informationskader. Regionale Hochschulen muessen daher durch die Ausbildung von Informationsspezialisten nicht nur fuer bibliothekarische, sondern auch fuer andere Taetigkeitsbereiche, darunter fuer einen neuen in den peripherischen Regionen noch schwach entwickelten Bereich des Informationsbusiness diverse Bildungsdienstleistungen anbieten.
Die Informationsausbildung muss in der Region vorrangig werden. Sie soll das prognostizierte Wachstum der Nachfrage nach Spezialisten der neuen Informationsrichtungen (nach den Analytikern, Referenten, Sachbearbeitern u.a.) beruecksichtigen, die informationsanalytische Komponente verstaerken. Sonst besteht fuer regionale Hochschulen die Gefahr, vom Weltbildungsraum weit entfernt zu werden.
Unter Beruecksichtigung der Welt- und Inlandtendenzen der Informationsentwicklung der Gesellschaft wurde an der Fakultaet fuer Wirtschaft und Recht der Sueduraler Staatlichen Universitaet eine humanistische Konzeption der Informationsausbildung von Spezialisten erarbeitet, die eingefuehrt wird. Laut dieser Konzeption wurde im Rahmen der Faecher 06.11.00 "Management" und 06.12.00 "Management im Sozialbereich" eine neue Fachrichtung "Informationsmanagement" gebildet sowie die Lehrdisziplin "Kultur der intellektuellen Taetigkeit" als eine obligatorische Disziplin des sozial-humanistischen Blocks in die Studienplaene fuer alle Faecher eingefuehrt. Ihren Kern bilden Probleme der Informationskultur als ein alternativloser Weg zum Weiterleben des zeitgenoessischen Spezialisten in einer neuen sozialkulturellen Informationswelt. Trotzdem bleibt die Erarbeitung der informationskulturellen Politik, die die ethnographischkulturellen und sozialdemographischen Charakteristika der Region beruecksichtigt, die wichtigste Aufgabe der regionalen Verwaltungs- und gesetzgebenden Organe.
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